Wissenschaftliches Symposium „Patientenzentrierte Prozessoptimierung in der Heimversorgung: Medikationsmanagement als interdisziplinäre Aufgabe“ an der FRA-UAS
Frankfurt am Main, 7. Oktober 2014. „Die Zusammenarbeit mit anderen Ärzten und mit den anderen Gesundheitsberufen ist nicht Gegenstand der medizinischen Ausbildung, obwohl das Bild vom Arzt als Einzelkämpfer längst überholt ist“, betonte Professor Daniel Grandt, Chefarzt am Klinikum Saarbrücken und Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, zum Auftakt des 3. Symposiums zur sektorenübergreifenden Versorgung der Frankfurt University of Applied Sciences (FRA-UAS). Als weitere Gründe für die unterentwickelte Verzahnung der Versorgungbereiche und die daraus resultierenden Medikationsfehler benannten Referentinnen und Referenten aus allen Bereichen des Gesundheitswesens die institutionelle Abkapselung zwischen Krankenhäusern, niedergelassenen Ärzten und Pflegebereich, die nach diesen Sektoren abgegrenzten Finanztöpfe, die fehlenden finanziellen und institutionellen Anreize zum Aufbau funktionierender Kooperationsbeziehungen und die weitgehende Abschottung zwischen den unterschiedlichen IT-Systemen. „Flächendeckend lassen sich diese Probleme nicht durch selektive Vertragsmodelle, sondern nur durch eine grundlegende Reform des klassischen GKV-Versorgung, insbesondere des kollektivvertraglichen vertragsärztlichen Systems lösen“, resümierte Sonja Laag, Leiterin Versorgungsprogramme.
Im Mittelpunkt des Symposiums, das vom Zentrum für Gesundheitswirtschaft und -recht (ZGWR) der FRA-UAS veranstaltet wurde, stand diesmal das Medikationsmanagement in der stationären Pflege. Welche positiven Ansätze hier bereits für die Zusammenarbeit zwischen Pflege, Ärzten und Apotheken existieren und wie diese in die aktuelle Diskussion zwischen Ärzten und Apothekern über ein gemeinsames Medikationsmanagement einzubringen sind, erläuterte Dr. Klaus Peterseim, Bundesverband der klinik- und heimversorgenden Apotheker: „Die Analyse der gesamten Medikation eines Patienten ist bei uns schon heute Realität, verbesserungsbedürftig sind aber die interdisziplinäre Kommunikation und die elektronische Vernetzung der Beteiligten“, lautete sein Fazit. Die besondere Situation der Heimbewohner und der Arzneimittelverabreichung durch Pflegefachkräfte erläuterten Dr. Anneliese Horbach, Professorin für Pflegewissenschaft an der FRA-UAS und Regine Krampen, Leiterin Pflege, Betreuungs- und Pflegeaufsicht Hessen beim Regierungspräsidium Gießen. Sie hoben vor allem das Selbstbestimmungsrecht der Heimbewohner hervor, das nicht abstrakten Managementzielen geopfert werden dürfe, sondern die informierte Einwilligung der Pflegebedürftigen verlange.
„Die patientenzentrierte Prozessoptimierung ist ein effizienter Ansatz, um die bestehenden Schwachstellen der sektoren- und professionsübergreifenden Versorgungspfade bei der Arzneimittelversorgung in Alten- und Pflegeheimen wissenschaftlich zu analysieren und zu dokumentieren und ein optimiertes Prozessmodell zu entwickeln“, berichtete die Wissenschaftlerin Stefanie Kortekamp von der Frankfurt University of Applied Sciences im zweiten Teil des Symposiums. In einem Workshop stellte sie erste Forschungsergebnisse des Projekts „Patientenorientiertes Prozessmanagement im Medikationsmanagement (ProMmt)“ vor und gab den rund 50 Teilnehmenden aus Praxis und Wissenschaft Gelegenheit zu kritischen Fragen und Ergänzungen. Vor allem ihr detailliertes Prozessmodell des Medikationsablaufs stieß auf große Anerkennung und animierte die Teilnehmer zu zahlreichen konstruktiven Ergänzungen.
„Die heutige Veranstaltung hat die Praxisrelevanz und Problemnähe unseres Forschungsprojekts bestätigt und uns wertvolle Anstöße für die weitere Entwicklung einer idealtypischen Prozessbeschreibung geliefert“, erklärte abschließend Veranstaltungsleiter Hilko Meyer, Professor für Gesundheitsrecht an der Frankfurt University of Applied Sciences, und bedankte sich dafür bei Referenten und Teilnehmern. Damit habe das Symposium auch die in den morgendlichen Grußworten geäußerten Erwartungen erfüllt. Zum Auftakt der Veranstaltung hatte Dr. Birgit Jung, Referat Arzneimittel- und Apothekenwesen des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration, davor gewarnt, das Thema „Medikationsmanagement“ als Modeerscheinung abzutun und den wachsenden Handlungsbedarf in Sachen Arzneimitteltherapiesicherheit betont. Als Hochschule für angewandte Wissenschaften habe die FRA-UAS den Anspruch, eine Stätte der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit praxisrelevanten Themen zu sein und als solche wahrgenommen zu werden, unterstrich in seinem Grußwort Professor Ulrich Schrader, Vizepräsident für Wissenschaftliche Infrastruktur, Forschung und IT und begründete damit die zum 1. Juli 2014 erfolgte Umbenennung der Hochschule.